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Verzeihen unmöglich?!

Verzeihen unmöglich?!

Wer hat ihn nicht, den Moment, in dem man sich nichts sehnlicher wünscht als etwas ungeschehen zu machen? Verletzende Worte, eine falsche Entscheidung, ein Fehltritt, ein vorschnelles Urteil.

Aber das geht nicht. Die Zeit lässt sich nicht zurückdrehen.
Es gehört zum Leben dazu, dass nicht alles Friede - Freude - Eierkuchen ist. Beziehung, ob zu sich selber, zum Partner, zur Freundin, oder zu den Eltern wird insbesondere auch durch Reibung lebendig. Lebhafte Diskussionen, Wut und Versöhnung, Missverständnisse gehören dazu. Manchmal ist es auch nur der falsche Fuss, mit dem man aufgestanden ist. Doch meist findet sich mit ein wenig Zeit oder tiefem Durchatmen wieder der gemeinsame Nenner. Vielleicht hat man sogar etwas dazu gelernt und die Beziehung ist um eine Erkenntnis reicher. Also einfach das alltägliche Leben.

Aber wie ist es mit den Verletzungen, die richtig tief gehen? Wie steht es mit dem Seitensprung, mit grossen Lügen? Da hilft tiefes Durchatmen wenig. Kann überhaupt jemals so viel Zeit vergehen, dass diese Wunden heilen?

Nein! Nie! Ist die erste impulsive Antwort. Wut steigt auf, die Tränen strömen, die Gedanken kreisen und kreisen. Mit viel Willenskraft funktioniert der Alltag, doch immer wieder schieben sich die verletzten Gefühle in den Vordergrund. Hinterhältig kommen sie vor allem dann, wenn man kurz losgelassen hat, sich entspannt und das positive Leben wieder ein wenig zulässt, weil wir nicht dafür gemacht sind, immer auf der dunklen Seite zu stehen.

Oder ist es der eigene Fehltritt, den man sich nicht vergeben kann? Die Schuldgefühle, die immer wieder an einem nagen, wie ein Damokles Schwert über einem schweben? Die Kinder verlassen zu haben für die neue Liebe, in einem unbedachten Moment etwas getan zu haben, das der andere einem nicht verzeihen kann?

Aber genau darum geht es: Verzeihen. Sich selber und auch dem Anderen. Es scheint eine Herkulesaufgabe - und das ist es auch. Zeit, Gespräche, professionelle Hilfe, all das kann unterstützen. Es ist kein Unter-den-Tisch-kehren oder ein Schwamm-drüber, es ist Arbeit. Langwierige Arbeit, unliebsam. Auf und Abs, Schritte vor und zurück.

Warum sich das antun? Wo das Augen-zu-machen, das Wegdrehen und Verdrängen doch so viel einfacher scheint.
Weil jeder sich das wert sein sollte! Darum. Frieden machen mit der Situation, zur Ruhe kommen, loslassen können. Ja, es war und bleibt ein dunkler Fleck und er bekommt den Platz, der ihm zusteht. Doch er ist Teil der Vergangenheit, er hat die Gegenwart geprägt, aber er darf sie nicht bestimmen. Die Wunde heilen lassen, sie versorgen und pflegen, aber nicht immer darin herumstochern.

Mit Verzeihen ist nicht gemeint, etwas ungeschehen zu machen. Das geht nicht. Die Erinnerung wird dies immer verhindern. Aufmerksam betrachten, Perspektiven zulassen, der Sache einen Platz in der eigenen Historie zuordnen, daraus wachsen, das sind Bestandteile des Verzeihens. Dann ist es endlich möglich, dass die Wut und Verletztheit, die Scham nicht mehr aus dem Hinterhalt zuschlägt.

Anderen verzeihen mag oft noch möglich erscheinen, sich selber verzeihen scheint hingegen oft unmöglich.
Wir sind Menschen, mit Ecken und Kanten, mit starken und schwachen Momenten. Jeder Einzelne von uns. Verzeihen ist ein steiniger Weg, doch er ist es wert begangen zu werden. Denn jeder hat es verdient, mit vergangen Dingen abschliessen zu können und mit erhobenem Kopf in die Zukunft zu gehen. Die anderen und ganz besonders wir selber.

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