Als Sibylles Kinder knapp 5 und 7 Jahre alt waren, haben sie und ihr Mann sich getrennt. Die Kinder schienen nach aussen hin gut mit der Trennung klar zu kommen, doch daheim war die Traurigkeit und Anspannung deutlich zu spüren.
6 Monate nach der Trennung hat sich Sibylle aus "Verzweiflung" bei SinglemitKind.ch angemeldet. Sie war erstaunt wie viele Zuschriften sie bekommen hat. Mit dem ein oder anderen hat sie sich getroffen, aber so das richtige war nicht dabei. Mit Matteo schien es ernster zu werden, doch es zeigte sich für Sibylle, dass er zwar ein guter Freund ist, aber kein neuer Partner. Dennis, ihren jetzigen Partner, hat sie durch Matteo spontan an einem Abend kennen gelernt und ein loser Kontakt entstand. Kurze Zeit darauf lud Dennis sie zu sich nach Hause an eine kleine Feier mit Freunden ein. Es war ein sehr schöner Abend und Sibylle ging als Letzte. Dennis hat einen jetzt 8 Jahre alten Sohn, den sie an diesem Abend ebenfalls kennen lernen durfte. Aus dem lockeren Kontakt wurde eine lockere Beziehung, bei der die Kinder bewusst aussen vor gelassen wurden.
Mit der Zeit wurden die Gespräche immer länger und nach gut einem Jahr kam von seiner Seite der Wunsch nach einer wirklichen Beziehung auf. Zunächst war Sibylle wie blockiert, denn es war gut so wie es war. Sie war wie nicht bereit zum grossen neuen Wagnis, das ihre Kinder mit einschliessen würde. Doch Schritt für Schritt sind sie zum festen Paar geworden und haben begonnen Aktivitäten mit allen Kindern zu unternehmen. Für die Kinder waren Sibylle und Dennis jedoch weiterhin "offiziell" nur befreundet. Die Kinder hatten es gut miteinander, da sie in einem ähnlichen Alter sind. Wobei Sibylles Tochter hin und wieder als einziges Mädchen ein wenig aussen vor war.
Die kinderfreien Wochenenden haben sie bewusst als Paar-Zeit gestaltet und genossen. Im Sommer 2015 haben sie sich auf das grosse Wagnis "gemeinsame Ferien mit allen Kindern" eingelassen. Vorbildlich wurde gemeinsam überlegt wo, wie lange, und was sie machen wollen. Das Ergebnis waren zwei Wochen in einem finnischen Blockhaus an einem See mit Fischerboot. Alle haben sich gefreut.
Und es wurde der blanke Horror! Es wimmelte von Mücken, so dass sie die meiste Zeit im Haus verbracht haben. Die nächsten Orte waren recht weit weg und es gab dort nicht mehr als einen Supermarkt. Dann ist Dennis auch noch schlimm an einer Grippe erkrankt, so dass Sibylle sich alleine um alle Kinder gekümmert hat. Mit der Zeit hatten alle einen Hüttenkoller. Gegen Ende gab es keine grössere Freude, als endlich zum Flughafen fahren zu können.
Eine Woche brauchte Sibylle, um diese Ferienerfahrung zu verdauen. Es lag einiges im Argen und viele negative Gefühle mussten sortiert werden, es wurde wie alles in Frage gestellt. Dennis und sie haben sich dann getroffen und konnten zum Glück die Erfahrungen, Empfindungen und Gedanken offen ansprechen. Die Quintessenz war: alles braucht seine Zeit. Das Bewusstsein, dass verschiedene Individuen involviert sind, dass jeder seine Bedürfnisse und sein Anrecht auf Aufmerksamkeit hat. Jeder hat seinen Platz verdient, doch kann er erst nach und nach gefunden werden.
Der Moment für eine offizielle Beziehung vor den Kindern kam. Währenddessen ist Dennis umgezogen und wollte die neue Wohnung auch für Sibylle mit einrichten. An dem Punkt kamen viele alte Dinge aus der vorherigen Beziehung und der Trennung hoch. So wunderbar Sibylle nach der Trennung funktioniert hat, so wenig waren die Emotionen und Verletzungen aufgearbeitet. Es gab viel Streit mit Dennis und Zweifel machten sich breit, obwohl sie Dennis eindeutig liebte.
Gemeinsam haben sie sich dieser turbulenten Zeit gewidmet. Sie haben sich zugehört, Geduld und Verständnis gezeigt. Auch wenn die meisten dieser Gespräche oft sehr unangenehm waren, da sie ins Schwarze trafen, so waren sie der Schlüssel zu der gefestigten Beziehung die Sibylle und Dennis jetzt führen.
Dieses Jahr haben sie eine gemeinsame Reise als Paar unternommen. Sie haben gemeinsam überlegt und entschieden, was ihnen auf dieser Reise wichtig ist und was die Vorstellungen des Einzelnen sind. Diese gemeinsame Reise hat ihnen den Raum gegeben, fernab des Alltags, um das Überwinden der Krise zu geniessen und sich ihrer Liebe widmen zu können.
Wieder zu Hause, ist vieles offener und unkomplizierter geworden. Es ist das Vertrauen in die Belastbarkeit der Beziehung gewachsen. Eine natürliche Akzeptanz, dass jeder seinen Alltag und seine Verpflichtungen hat. Nun übernachtet mal der eine hier, der andere dort. Es ist ein "wir" geworden. Gemeinsame Zeit hat einen noch höheren Stellenwert erhalten, sei es mit oder ohne Kinder. Durch die getrennten Wohnungen, sind die Kinder beim Partner mehr wie zu Gast als wie zu Hause. Daher steht es den Kindern auch frei mitzukommen.
Auch wenn es kein gemeinsames "Daheim" gibt, scheint es dennoch einfacher für einen Alleinerziehenden eine neue Beziehung mit einem Partner mit Kindern aufzubauen. Es gibt mehr gegenseitiges Verständnis, Unterstützung in den schwierigen Phasen als Eltern und wie nicht das Bedürfnis sich in die Erziehungsweise des Partners einzumischen, da man mit seinen eigenen Kindern genug beschäftigt ist.
Das Getrenntleben und sich auf einander freuen ist eine riesige Qualität und am Abend ist man sowieso nie alleine. Nach einer gewissen Lebenserfahrung, muss man nicht mehr unbedingt direkt zusammenziehen. Das Wichtigste ist, dass die Kinder sehen, dass die Mama glücklich ist, denn dann geht es auch ihnen gut.
Dieser Artikel entstand während eines Gespräches mit Sibylle, einer glücklichen Frau, Mama und Partnerin.