In unserem Telefoninterview hat Frau Brunner vom Marie Meierhofer Institut für das Kind aus ihrem Erfahrungsschatz erzählt. So berichtet sie von Stolperfallen, von Lösungsideen, aber auch davon, dass keine Situation gleich ist. Lesen Sie selbst:
Eine Trennung ist nicht nur für die Erwachsenen eine tiefe und meist auch schmerzhafte Erfahrung, sondern auch/oder insbesondere für die Kinder. Die Entscheidung der Eltern sich zu trennen, ist für das Kind oft schwer nachzuvollziehen. Mit der Zeit gewöhnen sich die Kinder an die neue Situation und finden ihren Weg damit. Das heisst aber nicht unbedingt, dass sie sich, wie die Eltern, neue Beziehungspersonen wünschen, geschweige denn brauchen.
Wenn Kinder weiterhin eine enge Beziehung zu beiden Elternteilen haben, dann ist ein neuer Partner eher unerwünscht, denn es gibt wie keinen Bedarf. Der Platz für einen neuen Erwachsenen ist nicht selbstverständlich, den muss man gemeinsam mit viel Geduld finden. Spannungen sind vorprogrammiert, insbesondere wenn der neue Erwachsene versucht in eine Elternrolle zu schlüpfen, obwohl es eigentlich kein weiteres Elternteil braucht. Denn der Platz ist besetzt, auch wenn die Eltern nicht mehr im gleichen Haushalt wohnen.
Der Schlüssel ist die Einzigartigkeit des neuen Erwachsenen: Wenn das Kind etwas für sich Wertvolles in dem neuen Erwachsenen findet und sich darauf einlässt, dann kann der neue Erwachsene seinen Raum in der bisherigen Eltern-Kind Umgebung finden. Aber auch dies behutsam, ein paar Schritte vor, ein paar zurück, innehalten und beobachten. Die Unterstützung des neuen Partners ist von Seiten der Mutter/des Vaters elementar wichtig!
Künstliche und zu sehr geplante Situationen, für das erste Treffen, bemerken die Kinder. Die einfache Realität ist am verständlichsten. Die Mutter/der Vater sollte vor dem ersten Treffen von der neuen Person in seinem/ihrem Leben erzählen. Als etwas Normales und Selbstverständliches. Dem Alter der Kinder entsprechend ist es wichtig ihnen verständlich zu machen, dass Erwachsene auch einen Partner brauchen. Es kann sein, dass dies ein weites Ausholen notwendig macht. Realitäten zu erklären braucht durchaus seine Zeit. Eins ist wichtig: einen neuen Partner zu haben ist ein legitimer Wunsch der Eltern, dafür braucht es keine Entschuldigung und kein schlechtes Gewissen. Es ist einfach eine Tatsache.
Sicher, man kann nicht allen gerecht werden, aber es bleibt schlichtweg nichts anderes übrig als einen Modus vivendi zu finden, der für alle so gut wie möglich passt. Das grösste Risiko besteht darin seinen eigenen Ansprüchen nicht gerecht zu werden. Die grösste Aufgabe und Herausforderung ist es, die eigenen Idealvorstellungen zu vereinfachen, um die Gefahr des Scheiterns zu minimieren.
Auch das Alter der Kinder spielt eine grosse Rolle. Ein Kleinkind hat andere Ausdrucksweisen für seine Gefühlswelt, wenn ein neuer dritter "Erwachsener/Elternteil" in sein Leben tritt, als ein Teenager, der gerade damit beschäftigt ist sich selbst zu definieren. Doch für die Rolle des neuen Partners ist es auch hier relevant ob der andere Elternteil sehr nah ist und die Elternrolle trotz Trennung gut abdeckt. Denn dann ist es eher die Einzigartigkeit und das "Nicht-Elternteil-sein", das eine Bereicherung für das Kind darstellt. Da es in dem Sinn keine enge Elternbeziehung gibt, sondern der neue Partner mehr wie ein Berater, eine neutrale Funktion, eben ein Erwachsener auf den man als Kind nicht "hören" muss, wahrgenommen wird, ergibt sich ein ganz neues Aktions- und Vertrauensfeld für den neuen Partner. Dafür muss der neue Partner jedoch Abstand nehmen von der Vorstellung, den Platz eines Elternteils zu übernehmen. Dies fällt umso leichter, umso mehr auch die Partnerschaft mit der Mutter/dem Vater, im Bewusstsein bleibt und nicht der Versuch eine vermeintlich perfekte, jedoch künstliche Rolle, zu kreieren und an ihr zu scheitern.
Kurz auf den Punkt gebracht, sollte der neue Partner nicht die Erziehung oder Elternrolle übernehmen wollen, wenn die echte Elternperson immer noch präsent ist und die Funktion auch wahrnimmt. Selbst wenn man als neuer Partner eine aktive Betreuungsrolle übernimmt und mit Kindern immer wieder alleine ist so ist es auf keinen Fall mit einer Elternrolle, mit allen Pflichten und Rechten, gleichzustellen. Dies ist sicher die schwierigste Herausforderung, da die Versuchung allgegenwärtig ist.
Diese Distanz zu wahren, ist auch für die Beziehung ein Segen. Die Erziehungsfragen liegen beim wirklichen Elternteil. Als neuer Partner kann man Ideen einbringen, Anregungen geben, aber das letzte Wort ist und bleibt beim Elternteil. So bleibt der Orientierungspunkt bei der Mutter/dem Vater und der neue Partner kann leichter als "einfacher Mensch" wahrgenommen werden.
Wenn es eine Annäherung an eine Patentlösung gibt, dann ist es sicher die folgende Aussage: "Je lockerer man mit der neuen Situation umgeht, je weniger klare Vorstellungen man hat und auch mal Fünfe gerade sein lassen kann, je weniger besitzergreifend man ist, umso "gelungener" einsteht eine Patchwork Familie.
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Marie Meierhofer Institut für das KindDieser Artikel entstand durch ein Telefoninterview mit Frau lic. Phil. Sabine Brunner vom Marie Meierhofer Institut für das Kind, Zürich, im Juni 2016. Frau Brunner ist Klinische Psychologin, lic. phil., Psychotherapeutin i.A. und zeichnet sich aus durch die fachlichen Schwerpunkte:
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